2. Frauenrechte und Frauendiskriminierung

Die von Naila Kabeer und auch anderen Soziolog_innen genannten Aspekte sind unbestreitbar, aber es gibt auch berechtigte Kritik an den Entwicklungsmöglichkeiten, die die Fabrikarbeit den Näherinnen im globalen Süden bietet.

Einen wichtigen Einfluss auf die Arbeitsbedingungen hat die starke Konkurrenz der asiatischen Länder untereinander – Einkäufer können aufgrund ihrer Marktmacht Produktionsländer und Produzenten gegeneinander ausspielen. Es geht zu jedem Zeitpunkt darum, wer den multinationalen Konzernen die schnellste und flexibelste Produktion zu den geringsten Kosten anbietet.

In einer arbeitsintensiven Branche wie der Textil- und Bekleidungsindustrie wird dieser Kampf in erster Linie über die Kosten für den Faktor Arbeitskraft ausgetragen, also über niedrige Löhne, viele Überstunden und geringere Arbeits- und Umweltstandards. Die Beschäftigung von Frauen spielt hierbei eine wesentliche Rolle. Die Fabrikbesitzer nutzen die gesellschaftlich schwächere Position der Frauen. Sie stellen diese ein, weil Frauen zu fügsameren und flexibleren Arbeitskräften erzogen wurden. Auf diese Weise wird gleichzeitig auch die gesellschaftliche Benachteiligung der Frauen weiter manifestiert. Oft sind Frauen am Arbeitsplatz Opfer sexualisierter Gewalt, die häufig als Machtmittel eingesetzt wird.

Frauen verdienen fast überall auf der Welt deutlich weniger, werden nach wie vor systematisch diskriminiert und bekommen auch in den Fabriken die schlechten bezahlten Tätigkeiten mit geringeren Aufstiegschancen. Die gehobenen Positionen werden meistens von männlichen Beschäftigten besetzt. Die besonderen Rechte von schwangeren Frauen oder jungen Müttern werden nur selten berücksichtigt. Häufig wird der gesetzlich vorgesehene bezahlte Mutterschaftsurlaub nicht gewährt, obwohl er den Frauen zusteht; ein Nachfragen kostet die Frauen oft ihre Arbeitsstelle.
Trotz aller Widrigkeiten gibt es jedoch immer mehr Frauen, die sich in Betriebskomitees oder Gewerkschaften organisieren und versuchen, die ungleichen und ausbeuterischen Arbeits-bedingungen zu bekämpfen. Dieser Kampf ist nicht nur wichtig für die Arbeiterinnen selbst, sondern auch für ihre Familien und die gesamte Gesellschaft eines Landes

Die Fabrikarbeit an sich ist also nicht die Lösung, um die Gleichberechtigung der Frauen im globalen Süden zu stärken. Nur faire Arbeitsbedingungen und gleiche Bezahlung beider Geschlechter können gesellschaftliche Gleichberechtigung ermöglichen. Die Arbeitsstelle in einer Fabrik reicht nicht aus, um die Lage der Frauen zu verbessern, es ist gleichzeitig wichtig, den Frauen selbst sowie ihrer Tätigkeit eine ausreichende Wertschätzung entgegen zu bringen.

Trotz aller Einschränkungen sind Frauen weltweit aktiv, um ihre Rechte einzufordern. Ein gutes Beispiel dafür, was Unternehmen tun können, um die Selbstorganisation von Frauen zu unterstützen, bietet das Anti-Harassment-Programm der Fair Wear Foundation (in Indien und Bangladesch). Dieses beruht auf Aufklärung, Stärkung und konkreter Hilfe: Die Arbeiter_innen werden in Trainings über ihre Rechte aufgeklärt, es werden Antidiskriminierungsrichtlinien für den Betrieb erarbeitet und Komitees aufgestellt sowie Helplines eingerichtet, an die sich die Beschäftigten mit Fragen oder konkreten Anliegen wenden können.

 


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