Lernsituation 2: Info gesamtwirtschaftlicher Leistungsprozess

Website: Moodle, virtuelles Arbeiten und eLearning - Herzlich willkommen!
Kurs: mooveBS_Wirtschaft - Ökonomische Grundlagen beschreiben und diskutieren (DQR 4)
Buch: Lernsituation 2: Info gesamtwirtschaftlicher Leistungsprozess
Gedruckt von: Guest user
Datum: Sonntag, 3. August 2025, 13:22

Beschreibung

Lernziel: Ich kann analysieren*, warum die Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital wichtig für den volkswirtschaftlichen Leistungserstellungsprozess sind. 

1. Produktionsmöglichkeitenkurve: Wie viele Güter kann ein Land produzieren? 

Sie wissen bereits, dass Arbeit und Kapital wichtige Produktionsfaktoren darstellen. Zusammen mit den Produktionsfaktoren Natur und Wissen sind sie Grundlage für die Produktion von Gütern.

Nehmen wir Deutschland als Beispiel und betrachten zwei Güter: Autos und Käse: Die Produktionsmöglichkeitenkurve (siehe Abbildung 1) zeigt die maximale Menge an Käse und Autos, die Deutschland mit seinen gegebenen Produktionsfaktoren (Arbeit, Kapital, Natur und Wissen) produzieren kann.

Normalerweise verläuft die Produktionsmöglichkeitenkurve eines Landes nicht gerade sondern gekrümmt wie in Abbildung 2.

 

Produktionsmöglichkeitenkurve

Man erkennt, dass die Produktion von 70 Tonnen Käse und 70 Autos (Punkt A) möglich ist. Wenn die Käseproduktion auf 90 Tonnen erhöht werden soll, können nur noch 40 Autos (Punkt B) hergestellt werden. Für eine Produktion von (90 Tonnen – 70 Tonnen =) 20 Tonnen zusätzlichem Käse muss also auf eine Produktion von (70 Autos – 40 Autos =) 30 Autos verzichtet werden muss. Für etwas mehr Käse werden also deutlich weniger Autos produziert. 

Dies liegt daran, dass in Punkt A bereits viel Käse produziert wird und eine Ausweitung der Produktion in der Regel nicht ohne Weiteres möglich ist. Beispielweise kann es zu Engpässen bei der Milch oder den benötigten Arbeitskräften kommen. Die Ausweitung der Produktion eines Gutes führt häufig dazu, dass man auf eine relativ große Menge des anderen Gutes verzichten muss. Man nennt diese Tatsache das Gesetz der abnehmenden Grenzproduktivität. 

Wichtig!Abnehmende Grenzproduktivität: Die relativ geringe Erhöhung der Produktion bei einem Gut führt zu einem relativ großem Produktionsverzicht bei einem anderen Gut.

 

 

2. Opportunitätskosten: Welche Güter sollte ein Land produzieren? 

Abbildung 1: Deutschlands Produktionsmöglichkeitenkurve

Man erkennt anhand der obigen Produktionsmöglichkeitenkurven (siehe Abbildung 1), dass für jedes zusätzlich hergestellte Auto, auf eine bestimmte Menge Käse verzichtet werden muss. Das ist auch logisch, denn um ein zusätzliches Auto zu produzieren, benötigt man Produktionsfaktoren in Form von Arbeitskräften und Kapital die dann bei der Produktion von Käse fehlen. Man nennt diese Verzichtskosten auch Opportunitätskosten. Diese kann man folgendermaßen berechnen:

Formel: Berechnung der Opportunitätskosten

Wenn auf die komplette Käseproduktion verzichtet wird und alle Ressourcen in die Produktion von Autos gesteckt werden, dann können insgesamt 100 Autos produziert werden. Dafür muss man auf 500 Tonnen Käse verzichten.

WichtigOpportunitätskosten stellen also den Verzicht von Gut B dar, um etwas mehr von Gut A konsumieren zu können.

Formel

Nehmen wir einmal an, Frankreich produziert ebenfalls die beiden Güter Käse und Autos und die Produktionsmöglichkeitenkurve verläuft wie in Abbildung 2 dargestellt. Man erkennt, dass Frankreichs maximal 50 Autos herstellen kann. Die Käseproduktion beträgt – wie in Deutschland – maximal 500 Tonnen.

Deutschlands und Frankreichs Produktionsmöglichkeitenkurve

In der Tabelle 1 sind die Opportunitätskosten für Käse und Wein für Frankreich und Deutschland dargestellt:

Tabelle 1: Opportunitätskosten
  Preis für eine Tonne Käse (in nicht produzierten Autos) Preis für ein Auto (in nicht produziertem Käse) 
Deutschland (100 Autos : 500t Käse =) 0,20 (500t Käse : 100 Autos =) 5,00
Frankreich (50 Autos : 500t Käse =) 0,10 6(500t Käse : 100 Autos =) 10,00

 

  • Man erkennt, dass Frankreich bei der Käseproduktion geringere Opportunitätskosten hat als Deutschland. Frankreich hat also einen sogenannten komparativen Kostenvorteil und muss pro Tonne Käse nur auf 0,10 Autos verzichten. Deutschland „kostet“ eine Tonne Käse hingegen 0,20 Autos. Damit ist die Käseproduktion für Deutschland doppelt so teurer als für Frankreich.
  • Bei Autos sieht die Sache genau andersrum aus: Hier hat Deutschland die geringeren Opportunitätskosten und somit einen komparativen Kostenvorteil: Pro Auto verzichtet Deutschland auf 5 Tonnen Käse. Frankreich hingegen „kostet“ ein Auto 10 Tonnen Käse. Für Frankreich ist die Autoproduktion teurer als für Deutschland.

WichtigKomparativer Kostenvorteil: Ein komparativer Kostenvorteil liegt vor, wenn ein Land die Möglichkeit hat, ein bestimmtes Gut oder eine Dienstleistung zu niedrigeren Opportunitätskosten im Vergleich zu anderen Gütern oder Dienstleistungen zu produzieren.

 

 

3. Arbeitsteilung: Wie kann die Güterproduktion sinnvoll aufgeteilt werden?

Warum sind die im vorigen Kapitel (siehe Tabelle 1) berechneten Opportunitätskosten wichtig? Sie zeigen, dass Frankreich sich auf die Produktion von Käse spezialisieren sollte. Deutschland hingegen sollte Autos produzieren.

Aber gucken wir uns vielleicht erst mal genau den anderen Fall an: Angenommen, Frankreich und Deutschland produzieren ihren Käse und ihre Autos jeweils selbst. Beide Länder verwenden jeweils die Hälfte ihrer Produktionsfaktoren für die Herstellung von Käse und Autos. In Tabelle 2 ist dieser Fall dargestellt:

  • Deutschland produziert 250 Tonnen Käse und 50 Autos (siehe Spalte Produktion).
  • Frankreich produziert 250 Tonnen Soja und 25 Autos (siehe Spalte Produktion).

Ein Handel findet nicht statt, denn beide Länder versorgen sich mit beiden Produkten selbst. Frankreich und Deutschland können dann natürlich auch nur so viele Produkte konsumieren, wie sie selbst produzieren. Produktion und Konsum ist deshalb in beiden Ländern identisch (siehe Spalte Konsum). 

Tabelle 2: Produktion ohne Arbeitsteilung
 Produktion
Konsum
Deutschland 250 Tonnen Käse 250 Tonnen Käse
50 Autos 50 Autos
Frankreich 250 Tonnen Käse 250 Tonnen Käse
25 Autos  25 Autos 
Summe  500 Tonnen Käse 500 Tonnen Käse
75 Autos 75 Autos

 

Nun gucken wir uns an was sich verändert, wenn die beiden Länder sich spezialisieren und miteinander Handel treiben. Dieser Fall ist in Tabelle 3 dargestellt: 

Tabelle 3: Produktion mit Arbeitsteilung
 Produktion
Konsum
Deutschland 0 Tonnen Käse 250 Tonnen Käse
100 Autos 60 Autos
Frankreich 500 Tonnen Käse 250 Tonnen Käse
0 Autos  40 Autos 
Summe  500 Tonnen Käse 500 Tonnen Käse
100 Autos 100 Autos

 

  • Deutschland spezialisiert sich komplett auf die Produktion von Autos, denn dort hat es geringeren Opportunitätskosten als Frankreich. Deutschland produziert somit 100 Autos und 0 Tonnen Käse.
  • Frankreich spezialisiert sich komplett auf die Produktion von Käse, denn dort hat es die geringeren Opportunitätskosten als Deutschland. Das Land produziert 0 Autos und 500 Tonnen Käse. 

Die Spezialisierung auf das Produkt mit den geringsten Opportunitätskosten hat dazu geführt, dass beide Länder nun statt 75 Autos insgesamt 100 Autos zur Verfügung haben. Beide Länder könnten nun Handel miteinander treiben und ihre Konsummöglichkeiten verbessern (siehe Spalte Konsum). Frankreich könnte 250 Tonnen Käse nach Deutschland liefern und Deutschland könnte z.B. 40 Autos an Frankreich liefern. Durch diese Handelsbeziehungen würde sich für beide Länder die Situation verbessern, denn Deutschland hätte 60 (statt bisher 50) Autos zur Verfügung und Frankreich 40 (statt bisher 25). Die die Käseproduktion gleich ist, bleibt auch der Konsum gleich. 

 

Arbeitsteilung macht nicht nur im internationalen Handel Sinn. Auch in einer Beziehung, in verschiedenen Berufen und zwischen Unternehmen findet Arbeitsteilung statt 

In allen diesen Fällen zielt die Arbeitsteilung darauf ab, Effizienz, Qualität und Effektivität zu steigern, indem Aufgaben auf spezialisierte Personen, Unternehmen oder Länder verteilt werden. Generell kann man sagen: Sobald Menschen in einer Gemeinschaft zusammenleben, kommt es zu Arbeitsteilung. Grund hierfür sind die komparativen Kostenvorteile. 

 

 

4. Arbeitsproduktivität: Wie produktiv ist eine Volkswirtschaft?

Die Arbeitsproduktivität misst, wie viel Input (z.B. Arbeiterinnen und Arbeiter) für einen bestimmten Output (z.B. Käse, Autos oder Soja) benötigt werden. Die Formel lautet: 

Formel für Arbeitsproduktivität

Die Arbeitsproduktivität ist aus mehreren Gründen wichtig:

Insgesamt ist die Arbeitsproduktivität ein Schlüsselindikator für das Wachstum und die Entwicklung einer Volkswirtschaft. Die Verbesserung der Arbeitsproduktivität ist ein gemeinsames Ziel von Regierungen, Unternehmen und Wirtschaftspolitikern, da sie einen positiven Einfluss auf das Wohlergehen der gesamten Gesellschaft hat.

 

 

5. Sparen, Kapitalbildung und Investitionen: Wie kann man die Arbeitsproduktivität erhöhen?

Sparen und Investitionen tragen zur Steigerung der Produktivität bei: 

 

Mit höheren Einkommen können mehr Menschen sparen, was den Kreislauf von vorne beginnen lässt.

Wichtig!Sparen: Der Verzicht auf Konsum zur Sachkapitalbildung nennt man Sparen.

Wichtig!Sachkapital: Hierbei handelt es sich um langlebige Güter, die für die Herstellung anderer Güter verwendet werden (z.B. Maschinen).

Wichtig!Investitionen: Wenn Unternehmen Sachkapital (z.B. Maschinen) kaufen um damit Güter (z.B. T-Shirts) zu produzieren, spricht man von Investitionen.

 
Man unterscheidet verschiedene Investitionsanlässe

 

Zudem kann man zwischen Brutto- und Nettoinvestitionen unterscheiden

Investitionen sind für eine Volkswirtschaft sehr bedeutsam. Nettoinvestitionen führen nämlich in der Regel dazu, dass die Produktivität einer Volkswirtschaft steigt. Dies führt oftmals zu steigenden Einkommen und einem höheren Lebensstandard der Bevölkerung.

 

 

6. Optimale Allokation der Produktionsfaktoren: Wie setzt man die Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital effizient ein? 

Beim optimalen Einsatz von Produktionsfaktoren geht es darum, wie die begrenzten Ressourcen Arbeit, Kapital (Natur und Wissen) am effizientesten eingesetzt werden können, um die Produktion von Waren und Dienstleistungen zu maximieren.

Gemäß der Produktionsmöglichkeitenkurve aus Abbildung 1 kann Deutschland maximal 100 Autos im Monat produzieren. Angenommen die Produktion soll auf 150 Autos im Monat gesteigert werden und zwei mögliche Maßnahmen stehen hierfür zur Auswahl:  

  1. mehr Arbeitskräfte werden eingestellt
  2. neue Roboter werden angeschafft und die Produktion wird automatisiert.  

Der Tabelle 4 kann man entnehmen, wie viele Arbeitskräfte nötig sind, um eine bestimmte Anzahl an Autos zu produzieren. Beispielweise sind 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Lage monatlich 130 Autos zu produzieren. Mit Hilfe von Robotern schaffen es die 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sogar 150 Autos herzustellen.

Tabelle 4: monatliche Autoproduktion (in Stück)
Eingesetzte Arbeitskräfte 60 80 100 120 140
Autoproduktion ohne Roboter 100 130 150 160 165
Autoproduktion mit Robotern 120 150 170 190 210

 

Wenn monatlich 100 Autos produziert werden sollen, dann benötigt man dafür entweder 150 Arbeitskräfte oder 80 Arbeitskräfte und den Einsatz von Robotern. Es stellt sich also die Frage, ob die höhere Produktionsmenge durch einen vermehrten Einsatz des Produktionsfaktors Arbeit oder des Produktionsfaktors Kapital erreicht werden soll. Diese Entscheidung hängt wesentlich von den Kosten für die einzelnen Produktionsfaktoren ab. Folgende Kosten fallen an:

  • Jede Arbeitskraft erhält ein monatliches Entgelt in Höhe von 6.000 €. 
  • Durch den Verschleiß (= Abnutzung) und die Wartung von Robotern entstehen monatlich Kosten in Höhe von 80.000 €.

Der Tabelle 5 können die gesamten Kosten der beiden Alternativen entnommen werden: 

Tabelle 5: Produktion von 150 Autos im Monat
Produktionsfaktor Kosten Produktivität
Arbeit (Arbeitskräfte) 600.000 € 1,50 Autos pro Arbeitskraft
Kapital (Roboter) 560.000 € 1,88 Autos pro Arbeitskraft

 

  • Produktionsfaktor Arbeit: Die Entlohnung von 100 Arbeiterinnen und Arbeiter kostet (100 Arbeiterinnen und Arbeiter × 6.000 € =) 600.000 €. Die Arbeitsproduktivität einer Arbeiterin bzw. Arbeiters beträgt (150 Autos : 100 Mitarbeiter:innen =) 1,5 Autos pro Arbeiterin bzw. Arbeiter.
  • Produktionsfaktor Kapital: Die Entlohnung von 80 Arbeiterinnen und Arbeiter und der Verschleiß der Roboter kostet (80 Arbeiterinnen und Arbeiter × 6.000 € + 80.000 € Verschleiß =) 560.000 €. Die Arbeitsproduktivität einer Arbeiterin bzw. Arbeiters beträgt (150 Autos : 80 AArbeiterinnen und Arbeiter =) 1,88 Autos pro Arbeiterin bzw. Arbeiters.

Volkswirtschaftlich gesehen ist es effizient Roboter anzuschaffen. Es ist die günstigere Alternative. Durch den Einsatz der Maschinen steigt auch die Arbeitsproduktivität pro Arbeitskraft. Das bedeutet, dass jede Arbeitskraft in der Lage ist mehr Autos zu produzieren. Dies sollte (zumindest in der Theorie) auch dazu führen, dass jede Arbeitskraft ein höheres Monatsentgelt erhält.

Optimale Allokation von Arbeit und Kapital: Effiziente Zuordnung von Arbeitskräften und Kapitalressourcen, um die Produktion von Gütern und Dienstleistungen zu maximieren und den größtmöglichen Nutzen für die Wirtschaft zu erzielen.