Wie kann man sich den Stoffkreislauf eines Sees vereinfacht vorstellen?
Die Sonnenenergie liefert die notwendige Energie für alle Prozesse und ist die Grundlage des ganzen Stoffaustausches. Zunächst werden mithilfe von sogenannten Produzenten (Algen, Plankton, Wasserpflanzen) Sonnenlicht und CO2 durch Photosynthese-Prozesse in Biomasse umgewandelt. Anschließend sorgen Konsumenten wie Pflanzen- und Fleischfresser (Planktonkrebse, Enten, Fische, …) für die Verwertung. Zum Schluss bauen Destruenten wie Bakterien oder Würmer abgestorbene, organische Materialien ab und zersetzen sie, wodurch Mineralien erzeugt werden. Bei der Verwertung und Remineralisierung von Ausscheidungen und abgestorbenen Lebewesen wird jedoch Sauerstoff verbraucht und die Stoffe Nitrat, Sulfat und Phosphat wieder ins Wasser abgegeben.
Was hat es mit dem Sauerstoff auf sich?
Sauerstoff gelangt in natürlichen Gewässern durch Gasaustausch, der an der Wasseroberfläche stattfindet, in das Wasser. Die Anreicherung eines Gewässers mit Sauerstoff erfolgt primär durch Wasserpflanzen, die diesen bei der Photosynthese abgeben. Weitere Möglichkeiten des Gasaustausches können jedoch auch durch Regen, Wind, Wirbel von Steinen oder Wasserfälle entstehen. Wasser kann allerdings nur ein gewisses Maß an Sauerstoff lösen und ist dabei abhängig von verschiedenen Faktoren, wobei besonders die Temperatur und der Druck eine große Rolle spielen. Dabei gilt: je kälter das Wasser und je höher der Gasdruck, desto mehr Sauerstoff kann gelöst werden. Der gelöste Sauerstoff wird von anderen Lebewesen im Wasser zur Atmung benötigt. Heizt die Sonne die Seen auf, wird nicht nur weniger Sauerstoff gelöst, die Fische verbrauchen auch gleichzeitig mehr.
Was ist die Vollzirkulation und welche Rolle spielt sie?
Für den Stoffkreislauf ist die Vollzirkulation im Herbst sowie die Frühjahrszirkulation des Seewassers elementar. Nur hier findet ein Austausch zwischen den Nährschichten statt. Im Zuge der Durchmischung während der Vollzirkulation gelangt nährstoffarmes, aber sauerstoffreiches Oberflächenwasser nach unten, während sauerstoffarmes, aber nährstoffreiches Tiefenwasser bis an die Oberfläche gelangt. So kommt Sauerstoff wieder in die Tiefe, wo er vorher verbraucht worden war, und die dort freigesetzten Nährstoffe werden wieder bis zur Oberfläche verteilt, wo sie erneut für die Produktion von Biomasse verfügbar werden. Im Einzelnen sieht das so aus:
Winterstagnation: Im Winter ist der See oben gefroren und das Wasser bleibt ruhig. Die Temperatur des Wassers unter dem Eis bleibt konstant bei etwa 4°C.
Frühjahrszirkulation: Im Frühling, wenn das Eis schmilzt und die Wassertemperatur auf etwa 10°C ansteigt, beginnt das Wasser im See sich zu durchmischen. Nährstoffe und Sauerstoff werden im gesamten See verteilt.
Sommerstagnation: Im Sommer erwärmt sich die obere Wasserschicht, während die tiefere Schicht kühl bleibt. Die obere Schicht kann bis zu 20°C warm werden, während die tieferen Schichten um 4°C bleiben. Es entsteht eine Trennschicht, die sogenannte Sprungschicht, die die obere und untere Wasserschicht trennt.
Herbstzirkulation: Im Herbst kühlt das Oberflächenwasser wieder ab, was dazu führt, dass sich das Wasser erneut durchmischt. Die Temperatur im gesamten See erreicht wieder etwa 10°C und es findet eine erneute Durchmischung statt.
Diese Prozesse sind wichtig, um den Sauerstoff und die Nährstoffe im See zu verteilen und das Ökosystem zu unterstützen.
Wie gestaltet sich die Wasserschichtung und welche Rolle spielt sie?
Diese Vorgänge des biologischen Kreislaufs beruhen auf einem speziellen System der Wasserschichtung:
Die Wasserschichtung in Seen ist ein wesentliches Phänomen, das die physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften eines Sees stark beeinflusst. Diese Schichtung entsteht durch Unterschiede in der Temperatur und Dichte des Wassers und spielt eine entscheidende Rolle für das Ökosystem eines Sees.
Entstehung:
1. Sommerliche Schichtung (Stratifikation):
Epilimnion: Die oberste Wasserschicht ist warm, gut durchmischt und reich an Sauerstoff. Diese Schicht ist direkt der Sonne ausgesetzt und erwärmt sich daher schneller.
Metalimnion (Sprungschicht): Diese mittlere Schicht ist durch einen starken Temperaturgradienten gekennzeichnet. Die Temperatur sinkt hier schnell mit der Tiefe ab.
Hypolimnion: Die unterste Schicht ist kälter, dichter und bleibt relativ stabil in ihrer Temperatur. Sie ist oft sauerstoffärmer, da der Austausch mit der oberen Schicht begrenzt ist.
2. Herbstliche und Frühlingszirkulation:
In diesen Übergangszeiten gleichen sich die Wassertemperaturen zwischen der Oberfläche und den tieferen Schichten an. Wind und abnehmende Sonneneinstrahlung fördern eine vollständige Durchmischung des Wassers, wodurch Nährstoffe und Sauerstoff in den gesamten See verteilt werden.
3. Winterliche Schichtung (Inverse Stratifikation):
Unter einer Eisdecke kann sich eine inverse Schichtung bilden. Das Wasser direkt unter dem Eis ist am kältesten (nahe 0°C), während es in den tieferen Schichten wärmer (4°C) bleibt. Diese Schichtung schützt das Wasser unterhalb des Eises vor vollständigem Durchfrieren.
Rolle der Wasserschichtung
1. Nährstoffverteilung:
Im Sommer verhindert die Schichtung, dass Nährstoffe aus den tieferen Wasserschichten in die oberen, produktiven Schichten gelangen. Während der Herbst- und Frühlingszirkulation werden Nährstoffe wieder in die oberen Schichten transportiert, was das Wachstum von Algen und anderen Organismen fördert.
2. Sauerstoffverteilung:
Die Schichtung beeinflusst die Verteilung von Sauerstoff im See. Während der Sommermonate kann das Hypolimnion aufgrund des begrenzten Sauerstoffaustauschs sauerstoffarm werden. Die Durchmischungsphasen im Frühling und Herbst sorgen dafür, dass der Sauerstoff im gesamten See ausgeglichen wird.
3. Ökologische Auswirkungen:
Die unterschiedlichen Temperaturen und Sauerstoffgehalte in den Schichten schaffen verschiedene Lebensräume für unterschiedliche Organismen. Fische und andere aquatische Lebewesen können sich in die Schichten bewegen, die ihren Temperatur- und Sauerstoffbedürfnissen entsprechen.
4. Eutrophierung:
In eutrophierten Seen kann die Schichtung zu Problemen führen. Während der Sommermonate kann der Sauerstoff im Hypolimnion so stark abnehmen, dass anaerobe Bedingungen entstehen, die das Freisetzen von Phosphor aus dem Sediment fördern und somit Algenblüten im Epilimnion begünstigen.
Die Wasserschichtung ist somit ein zentraler Prozess, der die Dynamik und Gesundheit eines Sees entscheidend beeinflusst. Verständnis und Management dieser Schichtung sind wichtig für den Schutz und die nachhaltige Nutzung von Binnengewässern.
Filme, die dazu noch mehr Informationen liefern sind z.B.:
Schulfilm auf Sesam: "Die Ökologie von Seen" https://sesam.lmz-bw.de/details/522728
Schulfilm "See - Ökosystem":
Video Ökosystem See - Jahrreszeiten:
Warum kippen Seen und warum sollte dies vermieden werden?
Kommt es zum “Umkippen” eines Gewässers, hat dies weitreichende, negative Konsequenzen und ist meist für uns anhand eines Fischsterbens sichtbar. Als regionales Beispiel für Stuttgart ist hier der Max-Eyth See zu nennen, dessen Umkippen 2019 das Sterben von bis zu 50 000 Fischen zur Folge hatte.
Dieses Umkippen geschieht meist aufgrund des zu geringen Sauerstoffgehalts eines Gewässers. Besonders stehende Gewässer haben damit zu kämpfen, weil Algen sich rascher vermehren können. Deshalb ist es nötig, mithilfe von Gewässermonitoring regelmäßig Kennwerte zu erheben, um ein mögliches Kippen „vorhersehen“ und idealerweise durch geeignete Anpassungsmaßnahmen vermeiden zu können.
Filme, die dazu noch mehr Informationen liefern sind z.B.:
Ökosystem See - Eutrophierung:
Wann spricht man von einem gekippten See?
Es gibt keine einheitliche Definition, ab wann man von einem umgekippten Gewässer spricht. Doch wird der oben aufgezeigte Stoffkreislauf eines Gewässers stark gestört, nennt man dies “Umkippen”. Ein guter Indikator auch für Laien ist das oben bereits erwähnte Fischsterben.
Was versteht man unter Eutrophierung und welche Rolle spielt sie?
Der häufigste Auslöser für das Umkippen eines Gewässers ist die Eutrophierung – die verstärkte Anreicherung des Wassers mit Nährstoffen wie Nitraten und Phosphaten. Die Nährstoffe an sich sind kein Problem und der Regel in Maßen notwendig. Eine Nährstoffschwemme (z.B. durch Regen, der Düngemittel ins Gewässer spült oder die Einleitung von Abwässern über eine Kläranlage) sorgt allerdings zunächst für einen extremen Schub im Pflanzenwachstum, wovon insbesondere Algen überproportional profitieren.
Was sind Algenblüten und warum können sie problematisch sein?
Durch diesen “Nährstoffeintrag” kann es zu der Bildung eines dicken Algenteppichs, auch “Algenblüte” genannt, kommen. Diese kann im schlimmsten Fall die gesamte Oberfläche des Sees bedecken und darin lebende Organismen vom Licht abschneiden. Durch das zu große Plus an Nährstoffen, das die Konsumenten nicht mehr verwerten können, steigt das Algenwachstum exponentiell an, abgestorbene Algen sinken auf den Gewässergrund und können von den aeroben Destruenten wie Bakterien allein aufgrund des zu geringen Sauerstoffgehalts nicht mehr abgebaut werden. Anaerobe Zersetzung spielt dadurch eine viel größere Rolle und sorgt für fauligen Gestank nach Methan und Schwefel, der typisch für gekippte Gewässer ist. Das Ganze ist also eine Art Teufelskreis.
Als komplett umgekippt kann man ein Gewässer also bezeichnen, wenn es zu einer Dominanz der sauerstofflosen Abbauprozesse kommt.
Warum kippen Seen meist im Sommer?
Dafür gibt es zwei Ursachen. Erstens liegt dies an den besseren Wachstumsbedingungen für Algen. Diese bekommen in den entsprechenden Monaten sowohl mehr Licht, als auch mehr Wärme. Zweitens nimmt die Löslichkeit von Sauerstoff im Wasser mit der Wassertemperatur ab, während andere zersetzende Prozesse, die Sauerstoff verbrauchen, beschleunigt werden. Durch die Wärme kommt es also zum Sauerstoffmangel, der zu mehr anaeroben als aeroben Abbauprozessen führt.
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Bild mit Warnung zu Blaualgen CC BY-SA
Welche Folgen hat der Klimawandel auf Gewässer?
Der Klimawandel hat vielfältige und weitreichende Auswirkungen auf Gewässer. Diese Folgen betreffen sowohl die physikalischen, chemischen als auch biologischen Eigenschaften von Seen, Flüssen und Meeren. Hier sind einige der wichtigsten Auswirkungen:
Physikalische Veränderungen
Erwärmung der Gewässer: Höhere Lufttemperaturen führen zu einer Erwärmung der Oberflächentemperaturen von Seen, Flüssen und Ozeanen. Dies kann zu einer Verringerung der Eisschichtdicke im Winter und einer längeren eisfreien Periode führen.
Veränderungen der Schichtung: Die Erwärmung der Oberflächenschicht kann zu einer stärkeren und stabileren Schichtung von Seen führen. Dies erschwert die Durchmischung der Wasserschichten, was den Sauerstoffaustausch zwischen Oberflächen- und Tiefenschichten beeinträchtigt.
Wasserstandsschwankungen: Veränderungen in Niederschlagsmustern und Schneeschmelze können zu unvorhersehbaren Schwankungen im Wasserstand von Seen und Flüssen führen. Dies kann sowohl Überschwemmungen als auch Trockenperioden verursachen.
Chemische Veränderungen
Sauerstoffmangel: Eine stabilere Schichtung kann zu Sauerstoffmangel in tieferen Wasserschichten führen, da weniger Sauerstoff aus der Oberfläche in tiefere Schichten transportiert wird. Dies kann zu toten Zonen führen, in denen viele aquatische Organismen nicht überleben können.
Eutrophierung: Höhere Temperaturen können das Algenwachstum fördern, insbesondere von schädlichen Algenblüten. Dies führt zu einer erhöhten Eutrophierung, was den Sauerstoffgehalt weiter senkt und Fischsterben verursacht.
Änderungen der Wasserchemie: Klimawandel kann die Konzentrationen von Nährstoffen und Schadstoffen verändern. Zum Beispiel können erhöhte Temperaturen die Löslichkeit von giftigen Stoffen erhöhen und die chemischen Reaktionen im Wasser beschleunigen.
Biologische Veränderungen
Verlust der Biodiversität: Veränderungen in der Temperatur und der Sauerstoffverfügbarkeit können das Habitat vieler Arten verändern und ihren Lebensraum zerstören. Arten, die an bestimmte Temperatur- und Sauerstoffbedingungen angepasst sind, könnten aussterben oder abwandern.
Veränderungen in der Artenzusammensetzung: Einige Arten können besser an die neuen Bedingungen angepasst sein als andere, was zu einer Verschiebung in der Artenzusammensetzung führen kann. Zum Beispiel könnten invasive Arten unter den neuen Bedingungen besser gedeihen.
Veränderung der Nahrungsketten: Veränderungen in der Artenzusammensetzung und den Nahrungsverfügbarkeiten können die gesamte Nahrungskette beeinflussen. Dies kann Auswirkungen auf die Produktivität und Stabilität des gesamten Ökosystems haben.
Nachfolgende Abbildung zeigt diese Zusammenhänge ganz gut:
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CC BY-SA